Am 8. April verstarb unser Pfarrvikar Wolfgang Lehmann plötzlich und unerwartet. Er hinterlässt eine große menschliche und pastorale Lücke in unserer Pfarrei.
Nach einem Studium der Informationstechnik konvertierte der 1955 im mecklenburgischen Warin geborene Wolfgang Lehmann 1987 zum katholischen Glauben und wurde noch vor dem Mauerfall Mitarbeiter des Erzbistums Berlin. Während dieser Tätigkeit studierte er nebenbei Betriebswirtschaft, bevor er sich nach langem innerem Ringen entschloss, ins Priesterseminar einzutreten.
Im Jahr 2003 wurde er zum Priester geweiht. Zuletzt war er fast 20 Jahre Pfarrer der früheren Pfarrei St. Benedikt und seit 2023 Pfarrvikar der aus dem Zusammenschluss der beiden Pfarreien neu gegründeten Pfarrei Maria Rosenkranzkönigin. Auch in dieser Tätigkeit blieb er der vertraute Ansprechpartner „seiner“ Gemeinden St. Benedikt und St. Johannes Evangelist in Lankwitz und Südende und der ehemaligen Gemeinde Von der Auferstehung Christi, die ihm sehr ans Herzen gewachsen waren. Im kommenden Jahr wäre Pfarrer Lehmann in den Ruhestand gegangen.
Nun hat ihn der Herr in den Morgenstunden des 8. April heimgerufen. Sein Wirken hat fruchtbare Spuren hinterlassen in unserer Pfarrei und den Herzen ihrer Gläubigen. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Eine ausführliche Würdigung erfolgt (aufgrund des Redaktionsschlusses der nächsten Pfarrnachrichten Mai/Juni) in den Pfarrnachrichten Juli/August 2024.
Das Requiem mit Weihbischof Matthias Heinrich findet am Mittwoch, 24. April, um 10 Uhr in der Kirche St. Benedikt (Kaulbachstraße) statt. Die anschließende Beisetzung ist um 12 Uhr auf dem St. Matthias-Friedhof in der Röblingstraße.
Im Primizbildchen von Pfarrer Lehmann stand dieser Spruch:
Priester des Herrn,
feiere die Heilige Messe,
als ob sie deine erste,
als ob sie deine letzte,
als ob sie deine einzige wäre.
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Anlässlich seines 20. Priesterjubiläums am 28. Juni 2023 entstand folgendes Interview, das wir hier in Erinnerung an Pfarrer Wolfgang Lehmann dokumentieren:
Frage: Sie sind evangelisch getauft, haben im Sozialismus als Jugendlicher eine – wie Sie es einmal nannten – „atheistische Phase“ durchlebt, haben dann ausgerechnet beim Wehrdienst in der NVA zum Glauben zurückgefunden. Gab es Ereignisse oder Schlüsselmomente, die zur Abkehr vom Glauben und zur Rückkehr zum Glauben geführt haben?
Es waren keine konkreten Erlebnisse oder Ereignisse, es waren eher Phasen und Entwicklungen die ich durchlaufen habe. In der Schule wurde uns die marxistische Weltanschauung gelehrt und die hatte mich eigentlich überzeugt. Für mich hatte Gott keinen Platz mehr in dieser Zeit. Nach dem Abitur wurde ich zu den Grenztruppen in Berlin gezogen. Eine Zeit, in der wir durch die Stasi sehr bespitzelt waren, eine Zeit mit dem Schießbefehl und ich kam plötzlich mit allem nicht mehr zurecht. Ich besann mich wieder auf den Glauben.
Der katholische Pfarrer in meinem Heimatort Warin hat mich sehr unterstützt, so dass ich dort wieder zum Glauben kam. Danach habe ich Informationstechnik studiert an der Technischen Hochschule Ilmenau und war sehr aktiv in der Evangelischen Studentengemeinde.
Ich kam nach Berlin, wollte eigentlich nichts mehr mit Kirche zu tun haben, eine Phase ohne Kirche und bin dann immer in die Hedwigs-Kathedrale gegangen, weil die so sehr anonym war. Dort bin ich regelmäßig hingegangen und konnte dann nicht mehr anders, als in die katholische Kirche zu gehen. Es war so eine innere Unruhe, die mich immer wieder in die katholische Kirche zog. Bis ich dann konvertiert bin. Ich mochte das kommunistische System einfach nicht mehr und bin in den kirchlichen Dienst gegangen, noch vor der Wende.
Frage: Sie sind 1987 konvertiert und waren Mitarbeiter des Erzbistums, bevor Sie den Schritt ins Priesterseminar gewagt haben. Was war der Auslöser für diese Berufung?
Ich habe gesucht, ich wusste, dass ich mit meinem Leben noch nicht fertig bin, habe nach etwas Neuem gesucht, auch in der Kirche und dann sagte der Generalvikar, ich sollte doch Betriebswirtschaft studieren. Sie bräuchten qualifizierte Mitarbeiter. Dann habe ich neben der Arbeit bei der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Betriebswirtschaft studiert.
Und inmitten dieser Phase begann wieder so eine innere Unruhe, die mich immer wieder fragen ließ, hätte ich Priester werden sollen. Und da sagten auch viele zu mir, warum sind Sie eigentlich nicht Pfarrer geworden. Ich wollte es aber nicht, ich wollte nicht Pfarrer werden. Mich hat diese Unruhe genervt und ich habe mit Gott gerungen, dass ich nicht Priester werden will und dass er mich doch lassen soll, so wie ich bin. Irgendwann war mir klar, ich muss es probieren, sonst wird der Zweifel ein Leben lang bleiben. Wenn ich in das Priesterseminar gehe, dann werde ich das schon merken. So bin ich dann ins Priesterseminar gegangen, nicht begeistert, aber ich bin eben gegangen. Bis zum heutigen Tag gilt für mich, ich habe es nie bereut, Priester zu werden.
Frage: Wenn sie 20 Jahre zurückblicken, welches war für Sie der emotionalste Moment in der Priesterweihe?
Es gab eigentlich zwei Ereignisse, einmal das Niederwerfen vor dem Altar, während die Heiligenlitanei gesungen wird, und der zweite emotionale Moment war die Salbung der Hände durch den Erzbischof.
Frage: Hinter uns liegen ein mehrjähriger Pastoralprozess und eine erfolgreiche Pfarreigründung zum 1.1.2023. Was ist aus ihrer Sicht gelungen und wo hätten wir als PastoralerRaum aus ihrer persönlichen Sicht noch ein bisschen besser sein können?
Ich denke, dass einerseits die beiden bisherigen Kirchengemeinden die jetzt eine Pfarrei bilden, sehr gut zusammenpassen. Ich persönlich bin sehr zufrieden mit der Pfarrei und könnte mir eigentlich kaum eine bessere vorstellen. Was immer eine Herausforderung war und sein wird, ist das Zusammenwirken von Klerus und Gremien. Wir als Priester tragen für Vieles letztendlich die Verantwortung, müssen Vieles festlegen. Auf der anderen Seite sind die Gremien, die ihre Mitspracherechte geltend machen, was ja auch richtig ist. Hier eine Schnittstelle zu finden, die beide Teile in guter Weise verbindet, ich glaube, dies wird die Aufgabe sein, die wir jetzt in der neuen Pfarrei zu lösen haben. Es ist die Frage, wann müssen wir als Klerus vielleicht etwas dominanter sein und wann müssen die Gremien sich mehr einbringen. Wahrscheinlich müssen wir alle beide mehr aufeinander hören. Ich glaube, es wird genau darauf ankommen.
Frage: Haben Sie ein Lebensmotto oder gibt es ein Zitat, das Sie in bestimmten Situationen begleitet oder stärkt?
Nach einem Semester im Priesterseminar in Heiligenkreuz in Österreich verbrachte ich die Winterferien in Berlin. Hier verliebte ich mich und wusste natürlich, dass das nicht sein darf. Ich bin dann nach den Winterferien zurück nach Heiligenkreuz und sie blieb ja in Berlin. Ich dachte die Liebe wird schon vergehen, aber sie verging nicht. Ich bin dann zu einem Zisterzienser gegangen, den ich als Professor hatte, habe dem alles erzählt und sein erster Satz war: „Danken Sie Gott, dass Sie lieben können.“ Liebe nicht nur zwischen Mann und Frau, Liebe auch allgemein, Liebe auch in der Gemeinde als Pfarrer. Liebe brauchen wir überall und das ist ein Leitsatz, der mich seitdem ständig begleitet. Ein Lebensmotto kann man sagen.
Quelle: Pfarrnachrichten Mai/Juni 2023